Einführung in die Telematik­infrastruktur (TI)


Informationen, Zeitplan, Fristen

Ti Einführung

Zeitplan: Einführung der TI-Funktionen für Praxen

2017
2017

VSDM

Versicherten­stammdaten­mangement

2020
2020

QES

Qualifizierte elektronische Signatur

2020
2020

eMP

Elektronische Medikationsplan

2021
2021

KIM

Kommunikation im Medizinwesen

2021
2021

ePA

Elektronische Patientenakte

2021
2021

E-Arztbrief

Elektronischer Arztbrief

2022
2022

eAU

Elektronische Arbeits­unfähigkeits­bescheinigung

2023
2023

TIM

TI-Messenger

2024
2024

E-Rezept

Elektronisches Rezept

Für das Gesundheitswesen bedeutete die TI-Einführung in vielen Bereichen einen großen Umbruch; sowohl Krankenhäuser als auch Apotheken und vor allem Arztpraxen mussten und müssen sich auch in Zukunft bei vielen neuen TI-Anwendungen, die auch als eHealth-Anwendungen bezeichnet werden, hinsichtlich ihrer Abläufe und Abrechnungen sowie im Patientenmanagement umstellen. Um diese Umsetzung zu forcieren, ging der Gesetzgeber so weit, Praxen, welche die Telematikinfrastruktur nicht nutzen, mit Honorarabzügen zu sanktionieren, was vor allem bei vielen Praxen zu Klagen und Petitionen gegen die Telematikinfrastruktur führte.

Ab wann die TI eingeführt wurde, welche Anwendungen zur TI gehören und welche Fristen bzw. Sanktionen ihr zu Grunde liegen, regelt das am 29. Dezember 2015 in Kraft getretene „Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen“, welches auch „E-Health-Gesetz“ genannt wird. Das Gesetz umfasst u.a. Regelungen zur IT-Sicherheit, um Sicherheitslücken in der Telematikinfrastruktur zu vermeiden.

Auch IT-Dienstleister, zu denen beispielsweise die Hersteller von Praxissoftwares wie tomedo® gehören, haben an der Umsetzung der eHealth-Anwendungen mitgewirkt, indem Sie dafür gesorgt haben bzw. mit jeder neuen Funktion weiterhin dafür sorgen, die TI-Anwendungen möglichst nahtlos in das bestehende Praxisverwaltungssystem zu integrieren.

Die Funktionen der Telematik­infrastruktur im Überblick

Versichertenstammdatenmanagement (VSDM)

seit 2018 verfügbar

Beschreibung:
Mindestens einmal pro Quartal müssen niedergelassene Ärzt:innen die elektronische Gesundheitskarte (eGK) der Patienten in der Praxis in ein dafür von der gematik zertifiziertes Kartenterminal stecken, um die auf der eGK gespeicherten Daten zu aktualisieren bzw. abzugleichen. Dies soll gewährleisten, dass die richtigen Patienten mit der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) abgerechnet werden und auch die Patientendaten selbst – also die Versichertenstammdaten, daher der Name Versichertenstammdatenmanagement – stets aktuell und korrekt sind.

Ziele:

  • Gewährleistung, dass Versichertenstammdaten der Patienten (Angaben zur Person sowie Informationen zur Krankenversicherung) jederzeit aktuell gehalten werden
  • Prüfung, ob elektronische Gesundheitskarte der Patienten gültig ist

Technische Voraussetzungen:

  • TI-Anbindung
  • Kartenterminal (mind. eins, bei größeren Praxen werden mehrere Geräte empfohlen)
  • Konnektor (Anbieter siehe unten)
  • Praxisausweis (SMC-B-Karte)
  • Praxissoftware-Anpassung (Update)
  • VPN-Zugangsdienst

Qualifizierte elektronische Signatur (QES)

seit 2020 verfügbar

Beschreibung:
Sämtliche medizinische Dokumente werden, statt mit einer händischen Unterschrift, durch die Ärzt:innen elektronisch signiert, also mit einem Siegel versehen, das die Echtheit eines medizinisches Datensatzes garantiert. Die QES wird mit Hilfe eines elektronischen Heilberufsausweises (eHBA) erzeugt und stellt die Voraussetzung für das Nutzen vieler weiterer TI-Anwendungen (eArztbriefe, E-Rezepte, eAU usw.) dar.

Ziele:

  • Empfänger der medizinischen Daten erhält Sicherheit über die Authentizität des Absenders
  • Ärzt:innen müssen nicht jedes Dokument einzeln per Hand unterschreiben
  • Zukünftig sollen Papierausdrucke entfallen

Technische Voraussetzungen:

  • TI-Anbindung
  • Konnektor
  • eHealth-Kartenterminal
  • eHBA

Der elektronische Heilberufsausweis (eHBA)

Der eHBA ist eine Art medizinischer Personalausweis und weist den Träger als Arzt bzw. Ärztin aus. Spätestens durch die Einführung der Telematikinfrastruktur für Ärzt:innen gilt der eHBA der zweiten Generation (2.0) als obligatorisch, um alle Anwendungen der Telematikinfrastruktur sowie die qualifizierte elektronische Signatur nutzen zu können. Der Ausweis wird u.a. für folgende Features genutzt:

  • eArztbrief
  • NFDM
  • eMP
  • ePA
  • eAU
  • E-Rezept

Beantragt und ausgegeben wird der elektronische Heilberufsausweis von den zuständigen Landesärztekammern.

Notfalldatenmanagement (NFDM)

seit 2020 verfügbar

Beschreibung:
Das Notfalldatenmanagement besteht aus Notfalldaten und ggf. persönlichen Erklärungen des Patienten (DPE = Datensatz Persönliche Erklärungen), welche sich getrennt voneinander anlegen und im Notfall getrennt voneinander lesen lassen. Mit Hilfe des Notfalldatenmanagements ist also die Speicherung von – sowie der Zugriff auf notfallrelevante Daten (wie der Blutgruppe, verschiedenen Diagnosen, der Medikation, von Unverträglichkeiten oder CAVE-Hinweisen sowie Kontaktdaten von Angehörigen, auf der elektronischen Gesundheitskarte möglich.

Ziele:

  • Medizinische Übersicht in Form eines „Patienten-Steckbriefes“
  • Beschleunigter Zugriff auf persönliche Erklärungen, wie Patientenverfügungen oder Organspendeausweise
  • Punktgenaue Erstversorgung im medizinischen Notfall

Technische Voraussetzungen:

  • TI-Anbindung
  • Konnektor mit mind. PTV3 (PTV4+ empfohlen)
  • PVS-Anpassung (Update)
  • weiteres Kartenterminal im Sprechzimmer
  • eHBA

Elektronischer Medikationsplan (eMP)

seit 2020 verfügbar

Beschreibung:
Der elektronische Medikationsplan (eMP), also die nächste Erweiterung des 2016 eingeführten bundeseinheitlichen Medikationsplans (BMP), dokumentiert die bestehende und historische Medikation von Patienten. Dabei wird der Medikationsplan jeweils durch einen Behandler angelegt und kann anschließend von allen weiteren Behandlern (Haus- und Fachärzt:innen, Apotheken usw.) mit Hilfe der eGK eingesehen werden. Einen Anspruch auf den eMP haben Patienten mit mehr als drei Dauermedikationen.

Ziele:

  • Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit zum Schutz der Patienten

Technische Voraussetzungen:

  • TI-Anbindung
  • Konnektor mit mind. PTV3 (PTV4+ empfohlen)
  • PVS-Anpassung (Update)
  • weiteres Kartenterminal im Sprechzimmer
  • eHBA

Kommunikation im Medizinwesen (KIM)

seit 2020 verfügbar

Beschreibung:
Durch den Kommunikationsdienst (KIM) können sensible, mit dem eHBA signierte Daten (z.B. Befunde, Abrechnungen, Röntgenbilder etc.) sicher und schnell von Praxen versendet sowie empfangen werden. KIM ermöglicht eine grenzenlose Vernetzung von Ärzt:innen, Apotheker:innen, KBV/KVen etc. und ist nicht an Einrichtungen, Systeme oder Sektoren gebunden. Darüber hinaus handelt es sich bei dem Kommunikationsdienst um eine wichtige Grundvoraussetzung für die eAU und den eArztbrief.

Ziele:

  • Sicherer, digitaler Austausch von elektronischen Nachrichten und Dokumenten unter allen an der TI teilnehmenden Leistungsbringern und Organisationen mittels verschlüsselter sowie signierter E-Mail
  • Erhebliche Zeit-, Geld, und Papierersparnis durch digitale Vermittlung

Technische Voraussetzungen:

  • TI-Anbindung
  • Konnektor mit mind. PTV3 (PTV4+ empfohlen)
  • Praxissoftware-Anpassung (Update)
  • Vertrag mit KIM-Anbieter
  • KIM-Mailadresse (tomedo® bzw. die zollsoft GmbH kann ihren Kund:innen als zertifizierter KIM-Anbieter eine individuelle KIM-Adresse bereitstellen)
  • eHBA

Elektronische Patientenakte (ePA)

seit Juli 2021 verfügbar (verschiedene Ausbaustufen)

Beschreibung:
Die elektronische Patientenakte (ePA) dokumentiert alle aktuellen und historischen Daten eines Patienten digital (Befunde, Arztbriefe, Medikationen, Impfpass etc.). Durch ihre wichtige Funktion bildet sie das zentrale Element der Telematikinfrastruktur und der vernetzten, sektorenübergreifenden Gesundheitsversorgung. Die digitale Speicherung und somit die Bündelung aller wichtigen Patienteninformationen ermöglicht einen schnellen Überblick, wodurch Ärzt:innen mehr Zeit für ihre Patienten zur Verfügung haben. Ferner kann durch das Hinterlegen der Daten eine individuellere Beratung bei Apotheker:innen stattfinden, wobei in allen Fällen der Patient entscheidet, ob und wenn ja, welche Informationen gespeichert werden sollen.

Ziele:

  • Verfügbarkeit der Behandlungsdaten aller mitbehandelnden Ärzt:innen in einer digitalen Akte
    Zeiteinsparung
  • Vermeidung unnötiger Kosten durch doppelte Untersuchungen bei unterschiedlichen Ärzt:innen

Technische Voraussetzungen:

  • TI-Anbindung
  • Konnektor mit mind. PTV4 (PTV4+ empfohlen)
  • Praxissoftware-Anpassung (Update)
  • eHBA

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eAU

seit 2021 verfügbar (verschiedene Ausbaustufen)

Beschreibung:
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) soll langfristig ihren Papiervorgänger schrittweise ersetzen. Versicherte müssen nun nicht mehr selbst ihre Krankenkasse und ihren Arbeitgeber über eine Arbeitsunfähigkeit informieren. Dies erfolgt künftig elektronisch: Ärzt:innen übermitteln die eAU-Daten an die Krankenkassen, welche wiederum die für den Arbeitgeber bestimmten Daten weiterleiten. Zur sicheren Datenübertragung wird dabei KIM genutzt.

Ziele:

  • Sichere und schnellere Zustellung der Arbeitsunfähigkeitsmeldung an den Arbeitgeber/die Krankenkasse
  • Reduzierung der Erstellungs- und Übermittlungskosten
  • Lückenlose Dokumentation bei den Krankenkassen

Technische Voraussetzungen:

  • TI-Anbindung
  • Konnektor mit mind. PTV3 (PTV4+ empfohlen)
  • Praxissoftware-Anpassung (Update)
  • eHBA 2.0

E-Rezept

Ab dem 01.01.2024 verpflichtend für Praxen (Stand 13.09.2023)

Beschreibung:
Mit dem E-Rezept wird der Rezeptschein digital. Dadurch kann die Rezeptschreibung auch bei einer rein telemedizinischen Behandlung (ohne die Anwesenheit der Patienten in der Praxis) erfolgen. Die e-Verordnung wird ausschließlich digital via Praxisverwaltungssystem erstellt und mittels der QES signiert. Der Patient kann dann entscheiden, ob er den generierten Rezeptcode als Papierausdruck oder über die E-Rezept App erhalten möchte. Apotheken bearbeiten anschließend das E-Rezept, unabhängig ob digital oder gedruckt, und der Patient erhält seine Medikamente wie gewohnt.

Ziele:

  • Vereinfachung der Prozesse für Ärzt:innen, Versicherte und Apotheken
  • Verringerung von Fehlern im Rezeptablauf durch die direkte elektronische Datenspeicherung
  • Bevollmächtige und Angehörigen können Rezepte für Patienten einlösen

Technische Voraussetzungen:

  • TI-Anbindung
  • Konnektor
  • Praxissoftware-Anpassung (Update)
  • eHBA 2.0
  • Für Patienten optional empfohlen: elektronische Gesundheitskarte (eGK) für die Nutzung des E-Rezepts via App

Hintergrund und Meilensteine der TI-Gesetzgebung

 

Nachdem 2001 50 Menschen weltweit an der schädlichen Wechselwirkung zwischen Cholesterin-Senkern und dem Medikament Lipobay verstarben, engagierten sich die Spitzenverbände des deutschen Gesundheitswesens für die Entwicklung beziehungsweise Einführung einer elektronischen Gesundheitskarte (eGK). Folgenschwere Wechselwirkungen, wie bei Lipobay, sollten somit durch die digitale Medikamentendokumentation der Patienten verringert oder sogar vollständig vermieden werden.

2004 wurde das Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GMG, §291SGB V) rechtskräftig. Als Erweiterung des SGB V (fünftes Buch des Sozialgesetzbuches), welches die Regelungen der gesetzlichen Krankenversicherung umfasst, beinhaltet der Paragraph die Einführung der TI sowie die der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) und die Gründung der gematik bis zum Jahr 2006.

2015 löste das e-Health-Gesetz das bis dato gültige Gesetz zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung ab. Von nun an standen niedergelassene Ärzt:innen in der Pflicht, die TI sowie das Versichertenstammdatenmanagement binnen zwei Jahren einzuführen und nachzuweisen. Für Apotheken und Kliniken existierten zu diesem Zeitpunkt noch keine verbindlichen Einführungsfristen.

2019 einigten sich Apotheken und Krankenkassen über die Finanzierung der Telematikinfrastruktur, wodurch die Kostenerstattung der Anbindung an die TI als überwiegend geregelt galt. Ferner übernahm die Bundesregierung die Mehrheitsanteile der gematik. Letztere konzentrierte sich nicht mehr nur auf die elektronische Gesundheitskarte, sondern auf die allgemeine Digitalisierung im Gesundheitswesen.

Im Januar 2020 wurde das Gesetz für eine bessere Versorgung durch Digitalisierung und Innovation rechtskräftig. Das Gesetz verpflichtete Apotheken und Krankenhäuser, sich an die TI anzubinden. Daneben beschloss die Bundesregierung mit dem Krankenhauszukunftsgesetz die Modernisierung und Digitalisierung der Krankenhäuser, wobei die Anbindung an die TI eine tragende Rolle darstellt.

Die Telematikinfrastruktur wird sich in den nächsten Jahren weiterentwickeln. Die gematik plant bereits, mehr Akteure, u.a. auch Privatpraxen, an die TI anzubinden und diese zukunftssicher bis 2025 zu erweitern.