Praxisübernahme in Deutschland: Das ist zu beachten

Eine Praxis übernehmen: Was muss ich wissen?

Die wohl meistgestellte Frage für Ärzt:innen nach ihrer Ausbildung oder bei einer Neuorientierung bzw. einem Standortwechsel ist: „Was bedeutet es eigentlich, eine Praxis zu übernehmen und was muss ich dabei beachten?“. Im folgenden Artikel beantworten wir Ihnen diese Fragen und beleuchten die wichtigsten Aspekte, die Sie bei einer Praxisübernahme durchdenken sollten. Hier sprechen wir zunächst über die grundsätzlichen Bedingungen, um eine Praxis zu erwerben.

 

Was ist der Unterschied zwischen Zulassung und Niederlassung?

Die Zulassung als Arzt oder Ärztin ist zunächst ein bürokratischer Akt, der ihnen das Recht zur Teilnahme an der ärztlichen Versorgung von gesetzlich versicherten Patienten gibt. Außerdem ist es ausschließlich zugelassenen Ärzt:innen möglich, mit gesetzlichen Krankenversicherungen abzurechnen. Eine Kassenzulassung ist des Weiteren grundlegend, um sich als Vertragsarzt bzw. Vertragsärztin niederzulassen und es spielt dabei keine Rolle, ob es sich um die eigene Praxis oder eine Anstellung handelt. Ohne diese Zulassung der Krankenkassen ist lediglich eine Arbeit als Privatarzt/-ärztin möglich.

Die Niederlassung beschreibt vor diesem Hintergrund die Tätigkeit als Arzt, Ärztin oder Psychotherapeut:in in einer freien und privaten Praxis. Falls Patienten aus der gesetzlichen Krankenversicherung versorgt werden sollen, wird eine Kassenzulassung nötig.

 

Wie werde ich als Arzt/Ärztin zugelassen? Die 3 Schritte zur Zulassung:

  1. Besitz der Weiterbildung als Facharzt
  2. Eintragung im Arztregister (Was Sie benötigen:)
    • Geburtsurkunde
    • Nachweis Staatsangehörigkeit
    • Approbationsurkunde
    • Promotionsurkunde
    • Bescheinigung der ärztlichen Tätigkeit seit Approbation
    • Nachweis über aktuelle Beschäftigung
    • Bescheinigung der KV bzw. Ärztekammer über Ort und Dauer (falls bereits niedergelassen)
    • Anerkennung für bestimmte Gebiets- oder Zusatzbezeichnungen
  3. Stellen eines schriftlichen Antrags auf Zulassung beim Zulassungsausschuss (Was Sie benötigen:)
    • Auszug aus Arztregister (Daten zu Approbation und Anerkennungen)
    • Antrag auf Zulassung zu gesetzlichen Krankenkassen
    • Lebenslauf
    • Polizeiliches Führungszeugnis
    • Bescheinigung ausgeübter Tätigkeiten als Arzt/Ärztin seit Approbation
    • Nachweis über aktuelle Beschäftigung
    • Bescheinigung der KV bzw. Ärztekammer über Ort und Dauer (falls bereits niedergelassen)
    • Erklärung zur Abhängigkeit von Drogen

Bedarfsplanung und Zulassungsbeschränkungen1

Die größte bürokratische Hürde auf dem Weg zu Ihrer eigenen Praxis stellt die sogenannte Bedarfsplanung dar. Sie legt die Anzahl von Vertragsärzt:innen und Psychotherapeut:innen in einem bestimmten Gebiet fest, die jede Praxisübernahme reguliert. Diese Richtlinie der Planung obliegt dem Gemeinsamen Bundesausschuss. Er arbeitet mit einem Richtwert, der an das Verhältnis von Ärzt:innen pro Einwohner geknüpft ist.

Die Bedarfsplanung ist föderalistisch organisiert, die notwendigen Richtlinien werden also auf Bundesebene verabschiedet und in den Landesausschüssen auf regionaler Ebene umgesetzt. Sie können für detaillierte Ausführungen, etwa zu Versorgungsebenen, Versorgungsgraden oder den Rechtsgrundlagen, gern folgenden Link nutzen: https://www.kbv.de/html/bedarfsplanung.php

“Offener” vs. “Gesperrter” Planungsbereich: Was ist das?2

Für die  Bedarfsplanung und den Ausbau der medizinischen Versorgung in Deutschland wurden diverse Gebiete zu Planungsbereichen zusammengefasst. Ein solcher Bereich kann als “offen” oder „gesperrt” ausgewiesen sein. Ein Planungsbereich wird gesperrt, wenn in ihm der Versorgungsgrad für eine Fachgruppe 110% beträgt.

Befinden Sie sich in einem “offenen” Planungsbereich, müssen Sie als Arzt, Ärztin oder Psychotherapeut:in nicht auf das Freiwerden einer Praxis warten. Es ist nun problemlos möglich, eine neue Praxis zu gründen oder eine bereits bestehende zu übernehmen.

In sogenannten “geschlossenen” oder “gesperrten” Planungsgebieten sehen die Regularien vor, dass sich Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen nur dann neu niederlassen oder anstellen lassen können, wenn ein Arztsitz in ihrer Fachgruppe frei wird. Die jeweilige Kassenärztliche Vereinigung schreibt diese freiwerdenden Arztsitze aus und Sie können bei Interesse den Zulassungsschritt 3 vornehmen.

Eine Praxis für die Übernahme suchen

Sie suchen eine Praxis, die für die Übernahme geeignet ist? Im folgenden Abschnitt zeigen wir Ihnen verschiedene Wege und Mittel auf, mit denen Sie sich auf die Suche nach einer geeigneten Praxis machen können.

Online-Plattformen, Zeitschriften und Veranstaltungen

Der größte Teil des Marktes für den Kauf einer Arztpraxis findet sich im Internet, das spezialisierte Online-Plattformen, Praxisbörsen und Tools bereithält. Mit diesen können Sie schnell und tagesaktuell auf Inserate zugreifen. Die größten Praxisbörsen, die den Markt an potenziellen Praxisübernahmen in Deutschland weitestgehend abdecken, sind:

Neben diesen privaten Anbietern stellen Institutionen aus dem Medizinsektor ebenfalls digitale Angebote zur Verfügung, um Abgeber und Interessenten zusammenzubringen:

Zusätzlich zu diesen digitalen Angeboten ist eine Suche über Zeitschriften ebenfalls möglich, da sie standortbezogene Anzeigen für Praxisübergaben schalten. Zusätzlich können Veranstaltungen und Kongresse in der jeweiligen Region Anlaufstellen bieten, um auf analoge Art und Weise eine geeignete Praxis zu finden.

Beratungsangebote für Praxisübernahme

Ergänzend gibt es auch Dienstleister und Experten, die Sie bei der Übernahme einer Praxis professionell und zuverlässig beraten. Die Beratung bei einer Praxisübernahme kann von Rechtsanwält:innen übernommen werden, die sich auf dieses Gebiet spezialisiert haben. Ein Beispiel dafür finden Sie hier: https://www.medizinanwaelte.de/rechtsgebiete/praxisvertraege

Gleichzeitig können Sie auch über eine Zusammenarbeit mit Unternehmensberatungen nachdenken, die speziell für die Anliegen von Ärzt:innen und Apotheker:innen ausgebildet sind. Ein Beispiel dafür finden Sie hier: https://kockundvoeste.de/unternehmen/fakten

Darüber hinaus kann das Hinzuziehen von Steuerberater:innen, deren Spezialgebiet die Übernahme von Arztpraxen ist, eine wertvolle Investition für Ihr Vorhaben zur Praxisübernahme sein.

Von A-Z: Für jeden Arzt und Ärztin die passende Praxis

Hier finden Sie eine unterstützende Übersicht mit weiterführenden Informationen, ausdifferenziert nach Ihrer ärztlichen Fachrichtung.

Übernahme nach Fachrichtung Unterstützende Informationen
Praxisübernahme Allgemeinmedizin /Hausarzt
Praxisübernahme Augenarzt (Ophthalmologie)
Praxisübernahme Gynäkologie
Praxisübernahme HNO (Hals-Nasen-Ohrenheilkunde)
Praxisübernahme Kardiologie
Praxisübernahme Kieferorthopädie
Praxisübernahme Kinder- und Jugendarzt (Pädiatrie)
Praxisübernahme Physiotherapie
Praxisübernahme Podologie
Praxisübernahme Psychotherapie
Praxisübernahme Radiologie
Praxisübernahme Urologie
Praxisübernahme Zahnarzt

Die Beurteilung von Praxen

  • Sie haben eine Praxis ins Auge gefasst? Dann prüfen Sie sie auf folgende Kriterien:
  • Attraktiver Standort mit Parkplätzen, der gut zu erreichen ist
  • Passende Fachrichtung
  • Aktueller Umsatz vs. zu deckende Kosten
  • Bisheriger Patientenstamm und Zufluss (Anzahl und Zusammensetzung)
  • Möglichkeit zur Übernahme des Praxisteams
  • Art der Praxis
  • Zustand und Vorhandensein von medizinischen Geräten
  • Bisherige Internetpräsenz

Die Finanzierung der Praxisübernahme

Zum Anfang ist es wichtig, seine Finanzmittel sehr genau zu kennen. Hierbei kann Ihnen eine Auflistung der eigenen Mittel und dem, was in die Praxis investiert werden soll, helfen.

Die Kosten der Praxisübernahme sind schwer zu pauschalisieren, da Faktoren wie Fachrichtung, Inventar, Standort und Größe einen großen Einfluss auf diese haben. Der Kaufpreis für eine Praxis setzt sich aus dem materiellen Praxiswert (Grundstück, Praxisräume, Instrumente, Medizintechnik, Kraftfahrzeug) und dem immaterieller Praxiswert (Lage, Bekanntheit, Patientenstamm, Know-How der Mitarbeiter:innen) zusammen.

Zur Ermittlung des materiellen Praxiswerts wird entweder die Bilanz oder das Anlageverzeichnis der Gewinn- und Verlustrechnung angesetzt. Hier gilt der Zeitwert. Für den immateriellen Praxiswert werden gewisse betriebswirtschaftliche Kennzahlen als Basis genutzt. Diese beziehen sich auf den Wert, der durch den Käufer bzw. die Käuferin bestimmt wird und über reine Vermögensbestände hinausgeht3. Der Verkäufer / die Verkäuferin bestimmt also eine Abfindung bei der Übernahme seiner Praxis. Bitte denken Sie daran, einen Vertrag für die Praxisübernahme aufzusetzen, der alle wesentlichen Eckdaten festhält.

 

Finanzierung mit Fördermitteln

Im Folgenden erhalten Sie eine kurze Übersicht zur möglichen Förderung der Praxisübernahme, die Sie bei Ihrem Vorhaben in Anspruch nehmen könnten4.

Der ERP-Gründerkredit ist Teil eines Sondervermögens für den Wiederaufbau deutscher Wirtschaft. Vor diesem Hintergrund geben KFW-Banken unter Verwaltung des Bundesministeriums ERP-Kapital, in Form von Krediten, aus . Die Vorteile dieser Form sind zum Beispiel niedrige Zinssätze (10 Jahre Festzinssatz) und der Wegfall von Sicherheiten, die Sie vorbringen müssen. Wichtig zu beachten ist jedoch, dass hiermit keine vollständige Existenzgründung möglich ist, da Eigenmittel oder weitere Kredite notwendig sind. Kredite bis zu einer Höhe von 500.000 € können mehrmals beantragt werden. Zusätzlich muss in den ersten sieben Jahren keine Tilgung geleistet werden: Es erfolgen nur Zinszahlungen.

Die Bundesweite Mittelstandsförderung ist ein Unterstützungsangebot verschiedener Förderbanken wie zum Beispiel der ISB-Bank (Rheinland-Pfalz), SIKB (Saarland) oder L-Bank (Staatsbank für Baden-Württemberg). Mittelständische Unternehmen haben hier die Möglichkeit, einen Kredit über ihre Hausbank bei der KfW zu beantragen, wenn sie eine Investition planen oder Betriebsmittel finanzieren möchten.

Der Gründungszuschuss durch das Arbeitsamt kann ebenfalls ein Unterstützungsprogramm sein, das Ihnen bei der Planung einer Praxisübernahme hilft. Hierzu müssen Sie Arbeitslosengeld beziehen, wodurch die Förderung durch die zuständige Agentur für Arbeit erfolgen kann. Es handelt sich um eine reine Ermessensentscheidung durch die Sachbearbeiter:innen. Zusätzlich können auch Beratungen bezuschusst werden, etwa bei der Erstellung eines Businessplans.

 

Finanzierung mit Privatkredit

Sofern für Sie keine Möglichkeit zur Förderung Ihrer Praxisübernahme besteht, lassen sich verschiedene Arten von Privatkrediten über Geldinstitute einholen5. Für Sie ist es daher wichtig zu wissen, dass es Kreditinstitute gibt, die im Gesundheitssektor tätig sind. Ein Beispiel ist hier die Deutsche Apotheker- und Ärztebank.

Auch allgemeine Kreditinstitute lassen sich anfragen, wenn Sie bei der Finanzierung der Praxisübernahme Unterstützung benötigen. Im Gegensatz zu Förderkrediten können nun die Vorteile wie optionale Tilgungsfreijahre, lange Darlehenslaufzeiten und Zinsbindungen je nach Vorhaben entfallen. Der bürokratische Aufwand ist hier geringer, da das Darlehen zu keinem Zeitpunkt einer Überprüfung zur Sicherung der Fördermittel unterzogen wird.

 

Finanzierung mit Leasingangeboten

Leasing kann eine weitere Methode zur Finanzierung Ihrer Praxisübernahme darstellen. Sie profitieren an dieser Stelle von einer flexiblen und steuerlich attraktiven Finanzierungslösung. Sie bewahren auf diese Weise Kapitalreserven und profitieren von individuellen Finanzierungsmöglichkeiten.

Das heißt, dass sowohl Laufzeiten, als auch steuerrechtliche Vorgaben nach Kundenwunsch (bspw. Einsatzdauer des Leasingobjekts) angepasst werden können. Insgesamt stärkt das Leasing die Möglichkeit des Praxisinhabers / der Praxisinhaberin. Er kann fehlende Systeme kurzfristig ergänzen oder die modernste Medizintechnik kostengünstig beschaffen. Folgendes Unternehmen steht exemplarisch für Leasinganbieter.

Achtung

Die Finanzierung über Leasingangebote bezieht sich vorrangig auf die Beschaffung von Hardware, Inventar und weiterem Praxisbedarf. Es kann also ausschließlich als Ergänzung zu herkömmlichen Finanzierungsarten betrachtet werden.

Wahl der Rechtsform

Für Ihre Praxis können Sie aus mehreren Rechtsformen wählen. Im Allgemeinen kann eine Arztpraxis als Einzelunternehmen oder Praxisgemeinschaft agieren. Entscheiden Sie sich für die Eröffnung einer Gemeinschaftspraxis, so können Sie die Räumlichkeiten gemeinsam und ohne medizinische oder wirtschaftliche Verflechtungen nutzen. Andererseits haben Sie die Möglichkeit, eine Praxisgemeinschaft zu gründen, in der Sie eigenverantwortlich handeln und sich mit den weiteren Inhaber:innen auf eine gemeinsame Organisation, Wirtschaft und Abrechnung verständigen.

Im Folgenden finden Sie eine Übersicht über die möglichen Rechtsformen und ihre Merkmale:

 

Überblick über mögliche Rechtsformen (mit Vor- und Nachteilen)

Rechtsform Geschäftsführung Haftung Status der Ärzte Gewinnbeteiligung der Inhaber
Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) Gesellschafter agieren gemeinsam als Geschäftsführung Gesellschafter haften unbeschränkt mit Geschäfts- und Privatv­ermögen Mindestens zwei Freiberufler, wobei angestellte Ärzte zusätzlich möglich sind Individuelle Festlegungen im Gesellschafts­vertrag
Freiberufler Inhaber Inhaber haftet unbeschränkt mit Privat­vermögen Freiberufler, zusätzlich angestellte Ärzte möglich 100% bei Inhaber
Partnerschafts­gesellschaft (PartG) Gemäß Bestimmungen OHG (offene Handels­gesellschaft), sofern nicht anders im Gesellschafts­vertrag festgelegt Partner haften mit Geschäfts- und Privatvermögen (bei beruflichen Fehlern haftet nur Verursacher, sowie Gesellschaft) Mindestens zwei Freiberufler, zusätzlich angestellte Ärzte möglich Im Gesellschafts­vertrag individuell bestimmbar
Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) Muss mindestens einen Geschäfts­führer, sowie ärztlichen Leiter haben Gesellschaft haftet (keine persönliche Haftung der Gesell­schafter) Angestellt Verteilung des Gewinns auf Gesellschafter gemäß deren Anteile

Die Praxisübernahme ist gelungen: Wie geht es weiter?

Im folgenden Kapitel erhalten Sie das wesentliche Wissen, das Sie für die Gestaltung der übernommenen Praxis benötigen.

 

Übernahme von Personal und DSGVO

Das Personal einer bestehenden Arztpraxis genießt im Fall von Praxisübernahmen besondere Rechte, die Sie unbedingt beachten sollten.

Nach der Übernahme sind auch die Angestelltenverhältnisse des Vorgängers zu unveränderten Bedingungen zu übernehmen. Rechtlich gesehen bildet der §613a des Bürgerlichen Gesetzbuchs die Grundlage Ihres Handelns. Hier wurde festgelegt, dass der Erwerbende durch den Kaufvertrag in alle Rechte und Pflichten eintritt, die im Zusammenhang mit den bestehenden Arbeitsverhältnissen existieren. Der Käufer “kauft” alle bestehenden Arbeitsverhältnisse.

Im Rahmen des §613a Abs. 5 BGB muss das Praxis-Team über folgende vier Punkte in Kenntnis gesetzt werden:

  • Zeitpunkt des geplanten Übergangs
  • Grund für den Übergang
  • Rechtliche, wirtschaftliche und soziale Folgen des Praxisübergangs
  • Voraussichtliche Maßnahmen bzgl. des Personals

Alle Kündigungen des Personals bei einer Praxisübernahme, deren einziger Grund nur die Übernahme selbst ist, sind rechtlich unwirksam. Dies bedeutet jedoch kein absolutes Kündigungsverbot. Sollten Ärzt:innen ihre Praxis aus Rationalisierungsgründen verkleinern wollen, können sie entsprechende Maßnahmen einleiten. In Praxen mit mehr als zehn Mitarbeiter:innen müssen Praxisinhaber:innen die Vorgaben des Kündigungsschutzes beachten und eine sogenannte Sozialauswahl durchführen.

Wann kein besonderer Kündigungsschutz für das Personal besteht6:

  • Wenn die übernehmenden Ärzt:innen nicht die ganze Praxis, sondern nur die Kassenzulassung übernehmen und die Praxis in anderen Räumen oder an einem anderen Ort weiter betreiben
  • Wenn die wirtschaftliche Einheit des Betriebs nicht unter Wahrung der Identität weitergeführt wird, z.B. wenn eine Gemeinschaftspraxis zu einer Einzelpraxis wird.

Datenschutz Praxisübernahme und Personal7
Beim Betriebsübergang ist der neue Inhaber / die neue Inhaberin verantwortlich im Sinne des Bundesdatenschutzgesetzes. Er ist damit für die Einhaltung des Arbeitnehmerschutzes verantwortlich und hat das Recht, auf sämtliche Personalakten des Praxis-Teams zuzugreifen. Er darf außerdem Dokumente aus der Personalakte anfordern, die zur ordnungsgemäßen Durchführung der Arbeitsverhältnisse benötigt werden.

Vor Betriebsübergang ist eine solche Aushändigung nicht rechtskonform. Der Beschäftigtendatenschutz reguliert, dass die Daten vor Übergang grundsätzlich nicht an Dritte übermittelt werden dürfen. Da dies für Sie als Käufer:in dennoch relevant sein könnte, ist lediglich eine Weitergabe der Daten in anonymisierter Form zulässig und das in Kenntnis setzen des betroffenen Personals zwingend erforderlich.

 

Übernahme von Patienten und DSGVO

Ein weiteres Thema, das Sie im Kontext Ihrer Praxisübernahme nicht vernachlässigen sollten, ist die Übernahme von Patienten und deren Daten. Hierbei sind die ärztliche Schweigepflicht und die datenschutzrechtlichen Bestimmungen der DSGVO als wichtige Grundlagen zu beachten.

Zunächst ist der veräußernde Arzt / die veräußernde Ärztin nach §630f BGB §10 Abs. 3 grundsätzlich dazu verpflichtet, die Patientendaten zehn Jahre aufzubewahren. Die Weitergabe von Patientendaten im Zuge einer Praxisübernahme, ohne vorherige Einwilligung, ist nicht rechtskonform und stellt die Offenbarung eines bekannt gewordenen Geheimnisses dar. Nach §203 Abs.1 Nr.1 StGB würde man eine strafbare Verletzung von Privatgeheimnissen begehen. Die abgebenden Ärzt:innen sollten das Einverständnis vor der Weitergabe an den Erwerber einholen. Sie dürfen die Patientendaten erst dann verwenden, wenn die betroffenen Patienten ihr Einverständnis erteilen.

Der Zugriff auf die Patientenkartei bei der Praxisübernahme ist für Sie nur dann zulässig, wenn die Patienten ihre Zustimmung erteilen. Das kann entweder ausdrücklich oder „schlüssig“ durch ihr Erscheinen in der Praxis geschehen. Typischerweise treffen Sie mit dem/der Eigentümer:in eine Übereinkunft bezüglich der Verwahrung der Patientenakten. Sie verwahren diese bis zum Zeitpunkt der Einwilligung und Einsichtnahme durch die jeweiligen Patienten.

Aufbewahrung und Verwaltung von Patienteninformationen nach der Praxisübernahme
Die Aufbewahrung der Patientenakten wird als eine Verarbeitung personenbezogener Daten im Sinne des Art. 4 Nr.2 DSGVO betrachtet. Die Grundlage hierfür bildet eine Auftragsverarbeitung nach Art. 28 DSGVO oder ein Tätigwerden als gemeinsame Verantwortliche nach Art. 26 DSGVO. Sie sollten hierzu einen Verwahrungsvertrag und zusätzlich eine Vereinbarung zur Auftragsverarbeitung schließen. Beim Praxiskauf verwahrt der Erwerbende die personenbezogenen Daten der Altpatienten und verarbeitet diese als dessen Auftragsverarbeiter. Außerdem ist es möglich, eine Gleichrangigkeit von Erwerber und Käufer zu erzielen. Sie und der abgebende Arzt / die abgebende Ärztin würden dann als gemeinsame Verantwortliche in Erscheinung treten, wofür eine Vereinbarung notwendig werden würde.

 

Übernahme von Räumlichkeiten und deren Anforderungen

Bei einer Praxisübernahme sind bereits bestehende Räumlichkeiten ein wesentlicher Faktor, der Ihre Unternehmung beeinflusst. Daher ist es wichtig, die Anforderungen zu kennen, um die bereits existierenden Räume zu beurteilen.

Alle verfügbaren Praxisräume sind mit bestimmten gesetzlichen Mindestanforderungen verbunden und richten sich nach den Vorgaben der Arbeitsstättenverordnung. Die Arztpraxis soll eine bestmögliche Behandlung der Patienten gewährleisten. In der Folge sind gesetzliche Mindestanforderungen an den Brandschutz, Schallschutz und Wärmeschutz (Unterschiede in verschiedenen Bundesländern möglich) zwingend zu beachten. Zusätzlich gilt für Räumlichkeiten, die bereits als Arztpraxen genutzt wurden, der Bestandsschutz. Weitere Handlungsanweisungen lassen sich aus den Hygienerichtlinien des RKI, dem Arbeitsschutzgesetz und den Unfallverhütungsvorschriften entnehmen.

Die wichtigsten Richtlinien zur Beurteilung der zu übernehmenden Praxisräume
  • Anforderungen und Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI)
  • Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)
  • Arbeitsstättenrichtlinien (ASR)
  • Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV)
  • Berufsgenossenschaftliche Vorschriften für den Gesundheitsdienst
  • Biostoffverordnung (BiostoffV)
  • DIN- und EN-Normen für Röntgenanlage und Beleuchtung
  • Landesbauordnung
  • Gefahrstoffverordnung (GefStoffV)
  • Infektionsschutzgesetz (IfSG)
  • Medizinproduktegesetz (MPG)
  • Technische Regel für Biologische Arbeitsstoffe im Gesundheitswesen und in der
  • Wohlfahrtspflege
  • Trinkwasserverordnung
  • Verordnung über die Hygiene und Infektionsprävention in medizinischen Einrichtungen)
Die wichtigsten baulichen Vorschriften für Praxisräumlichkeiten
  • Raumhöhe mindestens 2,5 Meter
  • Arbeitsräume mit Grundfläche von mindestens 8 Quadratmeter
  • Bewegungsfläche (freie Bewegung für Mitarbeiter) mindestens 1,5 Quadratmeter pro Person
  • Böden müssen eben und rutschfest sein
  • Fenster müssen sicher öffen- und schließbar sein
  • Fußböden, Arbeitsflächen und Wände im Patientenbereich müssen glatt, leicht zu reinigen, fugendicht und mit VAH-gelisteten Desinfektionsmitteln desinfizierbar sein
  • Fluchtwege und Notausgänge müssen Sicherheits- und Gesundheitsschutzkennzeichnung erfüllen
Die Vorschriften für einzelne Praxisräume
  • Eingangsbereich (Fluchtweg & Feuerlöscher)
  • Anmeldebereich (Bildschirmarbeitsplätze: Datenschutz gewährleisten!)
  • Wartezimmer (akustisch von Anmeldung getrennt)
  • Behandlungsräume (mindestens eine Handwasch-Armatur und Reinigungsmittel)
  • Operationsräume (spezieller Bodenbelag und Beleuchtung plus Umkleideraum für OP-Team)
  • Sterilisationsraum (entsprechend Richtlinien des RKI)
  • Röntgenräume (baulicher Strahlenschutz)
  • Pausenraum (bei mehr als 10 Mitarbeiter:innen)

Anschaffung geeigneter digitaler Infrastruktur

Insbesondere die digitalen Anforderungen sind in den letzten Jahren für Arztpraxen gestiegen und die schnelle Verfügbarkeit sowie Verarbeitung gewonnener Daten stehen im Mittelpunkt. Zwei Beispiele dafür sind die Wichtigkeit der elektronischen Patientenakte (ePA) und des E-Rezepts.

Die folgenden drei Bereiche sind für die Errichtung einer funktionsfähigen digitalen Infrastruktur notwendig und wichtig für eine erfolgreiche Organisation.

Telematikinfrastruktur
Die Kommunikation zwischen Arztpraxen in Deutschland wird überwiegend über die Telematikinfrastruktur abgewickelt. Diese wird vom Bund gefördert und umfasst die Anschlüsse des überwiegenden Teil der Arztpraxen in ein gemeinsames Netzwerk. Der Anschluss an die Telematikinfrastruktur ist mittlerweile für alle Vertrags- und Zahnärzt:innen verpflichtend und benötigt einen Internetanschluss, Konnektor, Praxisausweis und ein Kartenterminal.

Die Telematikinfrastruktur ist das zentrale Netz im Gesundheitswesen, über das die Akteure miteinander kommunizieren und Daten sicher austauschen. Falls Sie sich mit diesem Thema beschäftigen wollen, empfehlen wir Ihnen unseren Artikel „Die Telematikinfrastruktur„.

Hardware
Bei der Hardware in einer Arztpraxis geht es vor allem um die Anbindung diagnostischer Geräte und der dafür benötigten digitalen Geräte. Die Anschaffung mobiler Endgeräte wie Smartphones oder Tablets ermöglicht ortsungebundene Arbeit. Vor dem Hintergrund der Zunahme an digitalisierten Prozessen müssen beim Praxiskauf oft alle Endgeräte modernisiert werden.

Die Auswahl der Hardware hängt einerseits von dem Anforderungsprofil der ausgewählten Praxissoftware ab, andererseits von der Praxisart und Praxisgröße. Als ersten Schritt sollten Sie einen Überblick über die Anforderungen an die Hardware erstellen.

Software
Die größte Bedeutung im Zusammenhang mit digitaler Infrastruktur in Arztpraxen kommt dem Praxisverwaltungssystem (PVS) zu. Es handelt sich dabei um eine Software, die die Basis eines guten Praxismanagements, wie z.B. der Organisation und Dokumentation der Aufgaben in der Arztpraxis, darstellt.

Auf diese Art und Weise lassen sich sämtliche Prozesse innerhalb der Arztpraxis digital darstellen. Es gibt verschiedene Arten von Praxisverwaltungssystemen, die von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung als PV-Systeme zertifiziert wurden und die notwendigen Anforderungen für die Nutzung innerhalb der Praxen erfüllen.

Zur spezifischen Auseinandersetzung mit dieser Thematik empfehlen wir Ihnen unseren Artikel „Wie wähle ich eine Praxisverwaltungssoftware?„. Ein Beispiel für eine moderne und zuverlässige Software ist tomedo®. Diese bietet Ihnen eine schnelle, stabile und innovative Lösung für alles, was Sie für die effiziente Organisation Ihrer Praxis brauchen. tomedo® hilft Ihnen dabei, Ihre Praxis-Workflows effizienter zu machen und bietet u.a. selbstlernende Abrechnungsvorschläge, Spracherkennung, Videosprechstunden und einen Online-Terminkalender.

 

Abschluss von Versicherungen

Selbst wenn Sie alle Planungen bezüglich Ihrer Praxis abgeschlossen haben und das Tagesgeschäft aufnehmen wollen, dürfen Sie eines nicht vergessen: Versicherungen abschließen! Keine Arztpraxis kann in den Arbeitsalltag starten, ohne sich dabei angemessen versichert zu haben. Häufig können Verträge vom Vorgänger oder der Vorgängerin übernommen werden. Sie sollten jedoch auch hier überprüfen, ob die Konditionen ordnungsgemäß angesetzt sind und die jeweilige Versicherung wirklich relevant ist.

Die wichtigsten Versicherungen für Ihre Arztpraxis sind:

  • Berufshaftpflichtversicherung für Ärzte
  • Praxisinventarversicherung
  • Elektronikversicherung
  • Versicherung zur Betriebsunterbrechung
  • Praxisausfallversicherung
  • Rechtsschutz für Ärzte
  • Versicherung bzgl. Cyber-Risiken

Bekanntmachung der Praxisübernahme und Marketing

Gemäß dem Motto „Communication is Key“ ist die Kommunikation Ihrer Praxisübernahme ein wesentlicher Bestandteil der Bekanntmachung Ihrer Praxis. Sie sollten daher die Praxisübernahme an alle Mitarbeitenden, Patienten und die Kassenärztliche Vereinigung kommunizieren. Ein Gespräch mit dem/der Vorgänger:in kann Ihnen helfen, die bürokratische Kommunikation mit den Akteuren im Gesundheitssystem zu erleichtern. Auf diese Art und Weise kann ein Übergangszeitraum angestrebt werden, in dem man die Praxis beispielsweise gemeinsam führt.

Im Zuge des Marketings sind folgende Aspekte zu beachten:

  • Update der Website
  • Accounts auf Social-Media-Plattformen übergeben (Öffentlichkeitsarbeit)
  • Praxisschild anpassen (Name, Qualifikation und die Sprechzeiten)
  • Regionale Medien (z.B. Anzeige oder Inserate schalten)
  • Update von Branchenbuch-Einträgen und Google Unternehmensprofile
  • Netzwerkpartner informieren

Checkliste zur Praxisübernahme

Laden Sie sich hier alle wichtigen Inhalte für Ihre Praxisübernahme als Checkliste und praktische PDF-Datei herunter:

1 https://www.kbv.de/html/bedarfsplanung.php
2 https://mock-steuerberatung.de/blog/zulassung-arzt/
3 https://www.berliner-sparkasse.de/fi/home/ratgeber/ratgeber-heilberufe/alltag/praxiswertermittlung-wie-viel-ist-ihre-praxis-wert.html
4 https://mally.de/fordermoglichkeiten-praxis-arzt/
5 https://www.hypovereinsbank.de/hvb/unternehmen/das-ist-mir-wichtig/nachfolge-regeln/so-klappt-es-mit-der-praxisuebernahme
6 https://www.arzt-wirtschaft.de/praxis/praxiskauf/muessen-praxiskaeufer-auch-das-personal-uebernehmen/
7 https://www.haufe.de/personal/arbeitsrecht/digitale-personalakte-was-ist-rechtlich-zu-beachten/weitergabe-personalakte-bei-betriebsuebergang_76_539806.html

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